16 Mrz
2014

Wenn einer eine Reise tut … #2

Zugeflogen - 3Toller Anfang – und dann?

Freitag, 14.02.2014.

Urlaubszeit – Reisezeit – laut Werbung die schönste Zeit des Jahres.

7 Tages Mittelmeerkreuzfahrt – das muss ja das Jahreshighlight werden.

 

Traumhafter Beginn

Es beginnt alles so schön. Das Taxi ist pünktlich. Trotz knapper Umstiegszeiten erreichen wir den Zug in Hannover rechtzeitig. Direkt bei der freien Kofferablage sind auf beiden Seiten des Ganges alle Sitze unbesetzt. Na toll – so sieht der Beginn eines idealen Urlaubs aus. Wir setzen uns beide auf die rechte Seite und kramen unsere Reiselektüre heraus.

Es kann der Beste nicht in Frieden leben…

Nach zwei Minuten schaut mich meine Frau verzweifelt an. Zwei Bänke vor uns sitzt sich ein Pärchen gegenüber. Sie ist sehr animiert und spricht so laut in unsere Richtung, dass es mir in den Fingern juckt, meinen Camcorder herauszuholen und Youtube mit einem weiteren Highlight  zu beglücken.

Ist es unhöflich, einen unhöflichen Mitreisenden um eine etwa leisere Gesprächsführung zu bitten? Was nervt mehr – sich dieses penetrante Dauergeschwätz anzuhören oder sich über eine dämliche Antwort zu ärgern, die solche netten Zeitgenossen oft parat haben? Wir entschließen uns für die nervenschonendere Vorgehensweise und wechseln auf die linke Seite in der Hoffnung, dass die beiden Sitze vor uns eine gewisse Schallschluckfähigkeit haben. Naja, es geht und man muss ja nicht unbedingt die Ansichten der jungen Dame teilen. Vielleicht ist es ihr erstes erfolgreiches Date und da will man ja nicht gleich Spielverderber sein. Dummerweise verfehlt ihr Anmachmonolog seine Wirkung nicht. Ihr Gegenüber springt voll darauf an und scheint nun auch der Meinung zu sein, dass sie beide das ganze Abteil mit ihrem Gespräch bespaßen zu müssen.

05-010

Es kann alles nur besser werden, oder?

Es dauert nicht lange und die junge Dame direkt vor uns bekommt einen heftigen Husten- und Niesanfall. Na ja, wenigsten wird dadurch das dumme Geschwätz übertönt. Ihr Partner ist besorgt und besorgt ihr etwas zu trinken. Das hilft allerdings nicht lange. Das kann ja noch eine teure Reise für die werden, wenn jeder Hustenanfall mit einem Kaffee bekämpft werden soll.

Meine Frau schaut mich besorgt an. Den ganzen Winter haben wir alle Grippeattacken erfolgreich abgewehrt. Was nun? Ich gebe meiner Frau zu bedenken, dass die Verschnupfte ihre Viren und/oder Bakterien in Richtung Quatschtante und –onkel schickt und die sich in den nächsten Tagen wohl etwas schweigsamer verhalten werden müssen. Ein erzkonservativer Kirchenvertreter könnte auf die Idee kommen, dass meine unchristlichen Gedanken ein paar Tage später bestraft würden. Tja, ich bin zwar nicht abergläubisch, aber in diesem Fall hätte er leider Recht behalten.

Bäumchen wechsle dich

Wir wechseln wieder auf die andere Seite. Lieber etwas dummes Gequatsche als eine Grippevireninvasion ertragen.

Etwa zehn Minuten später wacht der Reisende vor uns auf. Er greift in seine Tasche, kramt sich ein Taschentuch heraus und? – richtig – scheint sehr bestrebt zu sein seiner Nebenfrau (wörtlich gemeint) zu übertrumpfen.

Alles Leid der Welt liegt in den Augen meiner Frau. Sollen wir uns diesem Dauerbeschuss noch etwa drei Stunden aussetzen?

Was ist schlimmer – Pest oder Cholera?

Ich durchstöbere die nächsten Abteile. Überall sind zwar der eine oder andere Sitz frei, allerdings belegt mit Koffern, Taschen und sonstigem. Ein gefundenes Fressen für Leute, die sich unbeliebt machen und den Sitzplatz für sich beanspruchen wollen. Für unsere Koffer wäre zudem kein Platz mehr gewesen. In anderen Abteilen ist es noch voller. Fröhliche Zeitgenossen drücken lautstark ihre Urlaubsvorfreude aus. Ein kleiner Rest scheint mit aller Gewalt die Grippewelle in Gang bringen zu wollen.

Ach hätten unsere rücksichtsvollen Vorderleute sich doch gleich beim Einstieg geoutet, zu Wort gemeldet oder zum Niesen durchgerungen. Vielleicht hätten wir dann noch einen vernünftigen Platz gefunden.

Entnervt gebe ich die Suche auf und vertraue auf unser gestähltes Immunsystem, das im bisherigen Winter ja alle Attacken gut abgewehrt hat.

Zwei Tage später – einmal dürft ihr raten – hat es mich erwischt. Mit massivem Dopingmitteleinsatz aus der Reiseapotheke, der manchem Tour-de-France-Rennfahrer zur Ehre gereicht hätte, gelingt es mir wenigsten, die bereits gebuchten und bezahlten Ausflüge leidlich zu überstehen. Entspanntes Urlaubsvergnügen sieht anders aus.

Verpflegung und Service an Bord waren aber super und entschädigten mich für die Unpässlichkeiten.

So, what do you think?